Neustadt in Sachsen, 11. Oktober 2022

600 Jahre Neustadt in Sachsen - Aufruf zur Mitwirkung im Geschichtsverein

Es gibt wohl kaum noch Zeitzeugen, die die 600-Jahrfeier unserer Stadt im August 1933 bewusst erlebt haben. Gleichwohl spricht man noch immer in höchsten Tönen von diesem Stadtjubiläum. Warum haben sich diese Festtage so tief in unsere kollektive Erinnerung eingeprägt? War es die trügerische Aufbruchstimmung der frühen NS-Zeit? Waren sie ein entspannendes Ventil nach den langen Jahren von Not, Hunger, Arbeitslosigkeit und Geldentwertung? Wollten die Menschen einfach die Sorgen der Nachkriegszeit vergessen? Oder waren gar die Rattenfänger jener Zeit am Werk, um die Menschen die Zukunftsängste vergessen zu machen?

Um der historischen Wahrheit die Ehre zu geben: Unsere Heimatstadt Neustadt feierte 1933 nicht ihren 600. Geburtstag, sondern ihre erstmalige urkundliche Erwähnung. Sie ist tatsächlich fast ein halbes Jahrhundert älter. Die Neustadt-Chronik schlussfolgert aus den damaligen zeitgeschichtlichen Verhältnissen und mit dem Hinweis auf ernst zu nehmende Historiker ein Gründungsfenster zwischen 1292 und 1310, als die Mark Meißen, die Bergstadt Freiberg und die Handelsstadt Pirna unter königlich-böhmischer Pfandherrschaft standen. So erklärt es sich, dass es ein königlich-böhmischer Stadthauptmann von Pirna war, der mit den Goldbergwerken um Neustadt belehnt worden war und unsere „Nuwenstad“ erstmals in einer Urkunde erwähnt. Diese Urkunde ist datiert vom 9. Oktober 1333, also heute vor 689 Jahren. Ein Grund mehr, das Glas auf das Wohl unserer Stadt zu erheben!

Es sollte uns aber auch ein ernster Anlass sein, sich Gedanken zu machen, wie wir das 700. Stadtjubiläum im Jahr 2033 würdig begehen wollen. Ein Blick zurück auf die Vorbereitungen des 600. Stadtjubiläums 1933 kann durchaus hilfreich sein.Die Idee für ein großes Stadt- und Heimatfest war in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre nicht unumstritten. Das Parteiengezänk im Stadtrat, die desolate Finanzlage der Stadt und anstehende Straßenbaumaßnahmen ließen Zweifel aufkommen. Die finale Idee zu einem großen Heimat- und Stadtfest kam daher nicht von der Regierung, der Stadtverwaltung oder der NSDAP, sondern bereits 1927 von der Ortsgruppe Neustadt, des Gebirgsvereins, dessen Vorsitzender damals der Schulleiter Oswin Hantzsch war. Der demokratisch gewählte Bürgermeister Dr. Karl Kroker (1919 – 1928) und der Stadtrat Richard Wache griffen diese Idee auf. Die Bürgerschaft, die Vereine, die Industrie- und Handwerksbetriebe wurden schließlich auf dieses Heimatfest eingeschworen – und sie alle legten Hand an, sei es mit Ideen, Spenden, tatkräftiger Mitarbeit oder einer positiven Grundstimmung. Leider sprang kurz vor dem Fest das NS-Regime auf diesen Zug auf und vereinnahmte es in seinem Sinne.

Das Heimatfest anlässlich des 600-jährigen Stadtjubiläums vom 12. – 14. August 1933 war vordergründig ein Fest der Bürger dieser Stadt, zu dem Gäste aus dem Umland, von den Partnerstädten und aus ganz Deutschland eingeladen wurden. Diesen Charakter konnte es sich trotz der erdrückenden Präsenz von Uniformen, Hakenkreuzen und militärischer Formationen weitestgehend bewahren. Fabrikbesitzer, Handwerker, der bürgerliche Mittelstand, die Arbeiter und auch die Arbeitslosen begingen in seltener Einigkeit ihr Heimatfest. Auch das 650. Stadtjubiläum 1983 wurde ein unvergessliches Fest, an dem nahezu alle Neustädter Bürger mitwirkten, ob als Akteure oder als Zuschauer. Und 2033?

Aufruf zur Mitwirkung

Geschichtsinteressierte Bürger unserer Stadt sind drauf und dran, einen Geschichtsverein zu gründen. Neben der Erforschung der Stadtgeschichte soll u. a. auch die Vorbereitung des 700. Stadtjubiläums im Jahr 2033 im Mittelpunkt stehen.

Daher appellieren wir heute nochmals an alle interessierten Bürger von hier und von außerhalb, an die Jugend, die Vereine, die Gewerbetreibenden, die Ruheständler, die Hobby-Geologen, -fotografen, -historiker, die Kirchenvorstände und nicht zuletzt an die Bürger unserer Ortsteile Berthelsdorf, Krumhermsdorf, Langburkersdorf, Ober- und Niederottendorf, Polenz, Rückersdorf und Rugiswalde, sich ein Beispiel an unseren Vorfahren bei der aktiven Vorbereitung des Heimatfestes und 600. Stadtjubiläums 1933 zu nehmen. Interessierte können sich gern unter der E-Mail gerhard.brendler@web.de oder per Telefon an 03596 602511 melden.

Peter Mühle und Dr. Gerhard Brendler 


zurück

powered by webEdition CMS